Tag 6 - 9

Tag 6

Ich schlafe sehr unruhig. Der Wind lässt mein Zelt recht laut flattern. Als mein Wecker (ja, den habe ich doch mal wieder benutzt) mich weckt, blicke ich gegen eine dichte Nebelwand vor meinem Zelt. Na toll! Und das, an dem Tag an dem ich den höchsten Berg von Schweden besteigen will. Während ich in mein Knäckebrot beiße, fällt mir dann aber auf, das das kein Nebel sondern eine Wolke ist. Hah, also Doch hoch hinaus heute und ab durch die Wolkendecke. Meinen Weg darf ich mir heute selber suchen. Auf dieser alternativen Aufstiegsroute gibt es nur sehr selten mal einen Trampelpfad. Das liegt wahrscheinlich daran das der Weg, wenn ich ihn so nennen will, aus lauter großer Steinfeldern besteht. Mit der geringen Sichtweite und dem steinigen Weg komme ich nur langsam voran. Bevor die alternativ Route den normalen Aufstiegspfad trifft, wird es extrem steil. Steil und steinig. Es gibt nur riesige Felsblöcke über die es zu klettern gilt. Mit wandern hat das nichts mehr zu tun. 

Dann geht es auch noch über ein steiles Schneefeld das in einem Wasserfall endet. Ausrutschen kommt hier nicht in frage. Das letzte Stück besteht dann wieder aus Felsblöcken. Ich bin echt froh als ich die normale Route treffe und damit wieder auf einer markierten Route bin. Doch es bleibt extrem anstrengend. Ich schleppe meinen Rucksack noch bis zur ersten Schutzhütte über die Geröllfelder. Dort lasse ich ihn stehen und gehe die letzten Höhenmetern nur mit einer Wasserflasche bis zum Gipfel. Die Spitze des Kebnekaise ist mit Schnee bedeckt. So gibt es es nochmal einen Aufstieg auf rutschigem Untergrund. Die Aussicht über der Wolkendecke ist atemberaubend. Die Welt scheint in Watte gepackt und nur ein paar Gipfel tauchen hier und da auf. Runter Rutsche ich das Stück auf meinem Po und laufe mit nassem Hintern zurück zu meinem Rucksack. Dann mache ich mich flott an den Abstieg. Nach unten geht es durch ein großes U. Erst ein ganzes Stück runter und auf der anderen Seite wieder hoch, bevor es dann endgültig bis runter zur Fjällstation geht. Die rush hour beginnt. Der Strom an Menschen die von der Fjällstation aus hochsteigen kommt mir entgegen. Ich bin froh so früh hier oben gewesen zu sein. Was ein Trubel. Meine Muskulatur ist langsam echt am Ende. Meine Oberschenkel fangen immer mal wieder an zu zittern und auch der Abstieg zur Fjällstation entpuppt sich als eine echte Kletterpartie. Mein Kopf schaltet auf Automatik und so bekomme ich das letzte Stück bis zur Station kaum noch bewusst mit. Erst als die Zeltstadt beginnt, staune ich wieder über die Menschen Massen. Um 17 Uhr erreiche ich dann die Fjällstation. Ich bekomme sogar noch einen Platz zum Abendessen um 18 Uhr. Bevor das Abendessen ruft, kommen meine Geräte erstmal an die Steckdose und ich sauge mich wieder mit Energie auf. Das Abendessen ist echt super und die netten Gespräche mit drei Schwedinnen am Tisch tragen ihr Übriges zur Entspannung bei. Nachdem alles aufgeladen ist und ich eingekauft habe wandere ich noch eine Stunde raus aus dem Trubel und liege um 22:30 Uhr endlich im Zelt. Ich bin völlig platt. 

Tag 7

Meine Glieder sind unglaublich schwer am Morgen.  Wirklich gut geschlafen habe ich auch nicht. Mühsam schäle ich mich aus meinem Zelt und packe zusammen. Da ich nicht an dieser überlaufenen Fjällstation bleiben möchte, will ich bis zur nächsten Hütte laufen. Zum Glück gibt es auf dem Weg nur sehr wenig Höhenmeter. Der Trail verläuft zuerst durch ein großes Tal und führt zurück auf den eigentlichen Kungsleden. Bevor ich ihn erreiche nehme ich eine kleine Abkürzung durch die Berge. Hier bin ich beim eigentlich leichten Aufstieg wirklich langsam unterwegs. Oben auf liegt ein Wahnsinns Plateau mit mehreren Seen. Wunderschön. Als ich wieder auf den Kungsleden treffe schlendere ich zum Fluss und möchte aufs Packraft umsteigen um meine Kräfte zu schonen. Nach nur etwa 10 Minuten frischt der Gegenwind enorm auf und zwingt mich zurück ans Ufer.

 Deprimiert packe ich alles wieder ein und laufe bei kräftigem Gegenwind Richtung Hütte. Auf der Strecke bin ich dann aber doch froh, denn der Fluss wird ziemlich wild und es wäre reichlich gefährlich geworden. Der Hüttenwart ist dann mal mega cool. Außerdem ist die Hütte heute fest in Deutscher Hand. Zehn deutsche und nur ein Schwede übernachten hier. Die Sauna wird mein absolutes Highlight. Doch vorher gilt es Holz zu hacken. Also hacke ich zum ersten mal im Leben Holz. Geht echt gut und macht irre Spaß. Die Sauna ist zwar sehr einfach bietet aber die Möglichkeit einer heißen Dusche. Der Boden ist nach unten durchlässig. Auf dem Sauna Ofen ist ein großer Wasserbeuler in dem Wasser kocht. Das kann ich mir in eine Wanne abfüllen und mit kaltem Wasser aus bereitstehenden Eimern auf die gewünschte Temperatur bringen und dann meinen Kopf da rein stecken und endlich mal wieder meine Haare waschen. Sehr geil! Am Anfang teile ich mir die Sauna noch mit vier deutschen. Die letzten Runden habe ich dann das Paradies für mich und hänge sogar einfach meine gewaschenen Klamotten zum trocknen in die Sauna. Zum abkühlen kann ich einfach den nahegelegenen Bach springen. Ich bin überglücklich. Und so, schlaf ich auch ein.

Tag 8

Beim Frühstück lerne ich Luca kennen. Er ist schon fast drei Monate in Schweden unterwegs. Wir verstehen uns auf Anhieb und da wir beide gerne mal wieder Gesellschaft hätten, laufen wir die 9 km zur nächsten Hütte gemeinsam. Dabei verquasseln wir uns so sehr, das wir gar nicht merken wie die Zeit vergeht und sind ratz fatz an der Hütte. Von dort aus geht es über einen See weiter. Allerdings ist die Vorstellung einfach an diesem schönen Fleckchen Erde zu bleiben zu verführerisch. Wir beschließen hier zu bleiben und am Abend die Sauna zu genießen. Eine richtig gute Entscheidung. 

Saunieren auf dem Trail

Das saunieren ist hier wirklich ein Erlebnis für sich. Die Sauna Zeiten sind aufgeteilt. Gegen 17:30 Uhr beginnt für eine Stunde die Damensauna. Nach einer Stunde haben die Herren dann eine Stunde Zeit zum Schwitzen und zum Abschluss dürfen alle gemeinsam rein. Man kann aber nicht nur saunieren. Viele Saunaöfen sind hier mit einem Wasserbehälter ausgestattet in dem das Wasser kocht. Das Wasser füllt man in Schüsseln an und mischt es mit kaltem bis die gewünschte Temperatur erreicht ist. Anschließend kann man sich so hervorragend duschen und waschen. Mit warmen Wasser. Ein Mega Luxus auf dem Trail.

Tag 9

Um sieben Uhr morgens geht das erste Motorboot über den See. Ein tolles Gefühl mit dem Fahrtwind im Gesicht. Ich grinse mir einen ab und freue mich. Auf der anderen Seite gehts die Hälfte der Strecke erstmal Berg auf. Auch wenn die Sonne freie Bahn hat, ist die Temperatur am Morgen sehr angenehm. Schnell lass ich die spärliche Vegetation hinter mir und es geht über eine offene Ebene. Zügig gehts voran um bis zum Mittag anzukommen. Dann geht es ein Stück im Bus weiter. Dieser bringt mich bis zur nächsten Fjällstation. Von da aus geht der Trail dann weiter. Kaum ist der höchste Punkt erreicht, gehts wieder langsam bergab. Die Ebene besticht durch Schlichtheit. Erst am Ende kommt das wahre Highlight der Strecke. Ein Bach begleitet mich den Weg nach unten und hat zahlreiche Wasserfälle und Pool Ansammlungen. Hier stehe auch wieder viele kleine Birken und ein großes Blumenmeer. 

Dann heißt es auf den Bus warten. Da wir mittlerweile ne richtig kleine deutsche Gruppe sind vertreiben wir uns die Zeit mit Mau Mau spielen, was ein Spaß. Der Bus ist vollgepackt mit Wanderern und in den Gepäckfächern stapeln sich die Rucksäcke. Wir fahren bis nach Kebnats.  Von dort fährt eine kleine Fähre über den See zur Fjällstation Saltoluokta. Wir kommen am Nachmittag an und entsprechend groß ist der Trubel hier. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen hier einen Tag zu pausieren. Doch die hektischen Menschen hier sind mir einfach zu viel. Außerdem ist der Shop ziemlich leer gekauft. Somit lade ich mir schnell noch meine Elektronik wieder auf und mach mich aus dem Staub. Von hier aus geht es für mich nicht weiter auf dem Kungsleden. Ich knicke ab und werde eine lange Kurve durch den Sarek Nationalpark laufen. Die wohl letzte große Wildnis Europas. Als ich die Fjällstation hinter mir lasse finde ich schon nach kurzer Zeit einen super Zeltplatz mit grandioser Aussicht über den See. Der Sonne kann ich beim verschwinden hinter den Berggipfeln zusehen. Kaum ist sie verschwunden wird es merklich kühler. Ich kuschel mich ein und schlafe früh ein.