Tag 16

Als ich aufwache hat es aufgehört zu regnen. Das Zelt ist natürlich noch nass, denn es ist noch sehr bewölkt. Ich fühl mich noch sehr matt und müde. Ich beschließe mir an der Fjällstation ein gutes Frühstück zu holen. Danach ist mir leider erstmal wieder schlecht. Trotzdem kaufe ich jetzt alles an essen ein was ich für die nächste Etappe brauche. Erst in 90 Kilometern gibt es wieder etwas zum einkaufen. Das heißt essen tragen. Richtig fit fühle ich mich definitiv nicht. Nur eben auch nicht schlecht genug um es nicht zu probieren. Also mache ich mich um 14 Uhr mit dem Boot auf zur anderen Fluss Seite. Ich hoffe das ich schon wieder fit genug bin. Die Bootsfahrt kostet 200 Kronen. Dafür gibt es eine wunderschöne Aussicht über den Fluss, oder See, so genau weiß ich das nicht. Hier gibt es so viel Wasser. Mir ist immer noch flau im Magen. Natürlich nimmt der Trail darauf keine Rücksicht. 

Er startet mit einem ziemlich starken Anstieg. Ich bin gerade echt nicht besonders trittsicher. Dazu fangen auch meine Füße wieder an beim abrollen weh zu tun. Ich hatte gehofft, das zumindest die Beiden sich in den zwei Tagen erholt hätten. Naja, trotz dessen, das ich durch die tiefhängenden Wolken laufe, ist der Trail wirklich schön urig. Er führt durch eine schöne Wald und Wiesen Landschaft. Nachdem der harte Anstieg vorbei ist geht es meinem Bauch Stück für Stück besser und als ich nach lockeren 12 Kilometern die Schutzhütte erreiche, ist mir nicht mehr schlecht. Entweder gehts mir wieder gut oder die Anstrengung überlagert den Bauch, ich hoffe das es das erstere ist. Heute schlage ich zum ersten Mal nicht mein Zelt auf. Es ist für die Nacht Regen angesagt und ich hab da heute keine Lust drauf. Ich übernachte in der kleinen Schutzhütte. Kurz nach dem Abendessen fängt es dann auch schon an zu regnen. Ich Kuschel mich mit Keksen und einem Film auf meinem Handy in meinen Schlafsack. Gute Nacht. 

Tag 17

Noch bevor ich am Vorabend ganz eingeschlafen bin kommen zwei völlig durchnässte Brittinnen in die Hütte. Nach einem kurzen Schwätzchen, drehe ich mich wieder um zum schlafen. Die Nacht ist sehr unruhig für mich. Immer wieder werd ich wach und finde keine wirklich bequeme Schlafposition. Am Morgen bin gerädert. Ich packe im Auto-Modus meine Sachen und laufe los. Ich bin wieder mal mitten in der Wolkendecke. Es nieselt und regnet abwechselt. Wirklich weit gucken geht auch nicht. Das macht mir aber nichts. Ich bin einfach nur aufs laufen und mich selbst konzentriert. Richtig gut geht es meinem Bauch auch noch nicht. Für meine schmerzenden Füße habe ich eine Tablette eingeworfen. Ich laufe über Stock und Stein, die Umgebung interessiert mich heute nicht wirklich. Ich fühl mich einfach: bäähhh. 

Anders kann ich das gar nicht beschreiben. Bis zur nächsten Bootsüberfahrt sind es 50 Kilometer. Die Strecke will ich, trotz meines undefinierten Zustandes, gern halbieren. Nachdem ich von den Bergen etwas unter die Wolken absteige, kann ich glatt wieder etwas weiter gucken. Die Umgebung ist herrlich. Auch wenn mich das gerade kalt lässt. Tatsächlich habe ich gegen 17 Uhr die 25 Kilometer geschafft und baue auf einer kleinen Lichtung am Fluss mein Zelt auf. Alles stinkt irgendwie nach Moder und Feuchtigkeit. In so einem Moment hab ich immer keinen Bock mehr aufs wandern. Ich wasche zwar noch meine Socken im Fluss, das bringt aber auch nicht mehr viel. Mittlerweile denke ich das mein schlechter Zustand einfach zu viel Anstrengung ist. Ich werd versuchen mich etwas mehr zu schonen und mache meinen etwas zu schweren Rucksack gleich noch mitverantwortlich. 

Tag 18

Boa hab ich mal gut geschlafen. Geilo! Ich fühl mich wirklich ausgeruht. Nachdem ich loslaufe stelle ich zwar fest, das meine Füße immer noch ordentlich ziehen beim laufen aber dafür geht es meinem Bauch deutlich besser. Mich erwartet erstmal ein moderater Anstieg um dann wieder mal durch eine Geröllwüste mit vielen Bächen und kleinen Seen zu stolpern. Der Trail schlängelt sich dabei so extrem, das ich das Gefühl nicht los werde im Kreis zu laufen. Stück für Stück schmerzen meine Füße mal mehr mal etwas weniger. Ist echt schlimm. Ich mach mir echt Sorgen um die beiden. Nach dem Geröll, geht es noch etwas höher hinaus. Der Untergrund ist dafür wie fürs wandern gemacht. Der Trail geht gemächlich über einen Bergkamm und auf der anderen Seite wieder runter.  In beide Richtungen habe ich eine tolle Aussicht auf große Seen und die Wolken Grenze. Als es dann wieder durch ein Wäldchen geht, wird der Weg auch wieder unebener und steiniger.

Meine Füße schmerzen höllisch und ich laufe mit zusammen gebissenen Zähnen. Nach qualvollen 25 Kilometern komme ich in einem kleinen Dörfchen bzw. Eher so was wie eine Fischerlodge an. Von hier geht es erst um 18 Uhr mit dem Boot weiter. So kann ich mich wenigstens noch gute drei Stunden ausruhen. Ich genieße mein Mittagessen bei Sonne mit Blick auf den See. Kurz danach fängt es leider an dunkel aufzuziehen. Zum Glück dürfen wartende Wanderer einen Unterstand benutzen. Die Überfahrt dauert dann gerade einmal 15 Minuten. Kaum bin ich auf der anderen Seite, zeigt sich das Wetter von seiner schönsten seite. Der kurze Anstieg ist auch mit meinen kaputten Füßen schnell gemacht und so beschließe ich noch nicht mein Zelt aufzuschlagen wie geplant, sondern die Hochebene noch zu überlaufen. Genau die richtige Entscheidung. Es ist angenehm warm und es läuft sich herrlich. Zwar quälen mich meine Füße beim Abstieg auf der anderen Seite doch sehr aber das war es wert. Die Zeltplatz suche ist dann gar nicht mal so einfach, doch ich finde ein nettes Plätzen.

Tag 19

Die nächtliche Feuchtigkeit hat viel Kondenswasser im Zelt erzeugt und die Fußbox meines Schlafsacks ist recht feucht. Zum Glück ist Jäckvick  nur knapp 10 km entfernt. Doch die muss ich erst mal laufen. Meine Füße tun höllisch weh und jeder Schritt kostet viel Überwindung. Nach 30 Minuten werfe ich eine Schmerztablette ein. Dann erreiche ich die heutige Paddel Etappe, die ich schon ganz vergessen hatte. Ein Österreicher mit dem ich gestern Abend etwas gewandert bin wartet dort auf. Es liegt nur ein Boot am Anleger. Das bedeutet, wir dürfen die Strecke dreimal rudern, denn es muss immer mindestens ein Boot an jedem Ufer liegen und es gibt dafür insgesamt drei Boote. Wir laden die Rucksäcke ein und ich übernehme die erste Ruderschicht. Der Wind lässt uns immer wieder etwas von der ideal Route abtreiben.

 Das paddeln gegen die Wellen ist auch ziemlich anstrengend. In der Mitte tauschen wir, doch wirklich Talent zum rudern hat er nicht. So braucht es etwas bis wir anlegen und ein Boot in Schlepptau nehmen um es auf die andere Seite zu bringen. Nachdem wir wieder auf der eigentlichen Seite ankommen, sind wir ziemlich geschafft. Bis nach Jäckvik sind es immer noch 4 Kilometer und ich mache mich humpelnd auf den Weg. Die Schmerztablette wirkt mittlerweile und ich komme einigermaßen voran wohl wissend, das ich es damit gerade nicht besser mache. In Jäckvik gibt es ein tolles Hostel in dem ich mich einquartiere. Außerdem gibt es hier einen kleinen Supermarkt. Beim Abendessen bildet sich in der Küche ein echtes Hiker treffen. Italiener, Belgier, Franzosen, Deutsche und Amerikaner quasseln munter mit vollem Mund durcheinander und erzählen ihre Geschichten aus aller Welt. Einfach traumhaft. Spät falle ich mit meinen brennenden Füßen ins Bett.

Abschied Tag 20-25

Die nächsten drei Tage verbringe ich im Hostel. Die meiste Zeit in meinem Bett um die Füße nicht zu belasten. Ich muss sie mir wirklich ramponiert haben, denn auch am dritten Tag tut das laufen noch weh. Immer zu den Essenszeiten kommen alte und neue Hiker am Tisch zusammen. Die Welt ist hier in der Küche wirklich klein. Es ist schön ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein, die sich sehr schnell einander  öffnet und tief gehende Gespräche sind die Folge. Verbunden sind wir alle durch die englische Sprache und unsere Liebe zum Rucksack tragen. Viel zu schnell gehen die Tage vorbei. 

Nach Drei Tagen Regeneration, packe ich heut morgen wieder meinen Rucksack. Meine Füße sind durchaus erträglich und ich hoffe das sie auch beim langsamen wandern weiter heilen. Obwohl es schon den Morgen über regnet guckt zum Start die Sonne etwas raus. Ich schultere meinen Rucksack und laufe Richtung Trail. Mit dem Rucksack zusammen fühlen sich meine Füße gleich viel schlechter an. Durchbeißen denke ich mir und beginne den lockeren Aufstieg. Wirklich lösen können sich meine Gedanken allerdings nicht von den Füßen. Immer unwohler fühle ich mich beim laufen. Zur Ablenkung mache ich mir ein Hörbuch an. Und dann passiert es. Nach etwa fünf Kilometern auf dem Trail Ecke ich mit dem rechten Fuß an einem Felsen an und komme leicht ins Stolpern. Der Schmerz treibt mir sofort die Tränen in die Augen. Nach ein paar Minuten gehts wieder und die Entscheidung ist klar. Ich drehe um und laufe zurück nach Jäckvik. Das halten meine Füße nicht noch über 200 Kilometer durch. Die Sehnen sind definitiv entzündet. Meine Stimmung geht weit unter den Nullpunkt. Auch diesen Trail laufe ich dieses Jahr nicht zu Ende. Enttäuscht und völlig fertig wegen der Schmerzen komme ich wieder am Hostel an. Der Bus fährt erst in zwei Tagen wieder und somit werde ich hier noch zwei Nächte verbringen, bis ich mich auf den Weg zurück nach Deutschland mache. 

Wanderer sind ein so tolles Völckchen. Die Menschen die ich auf diesem Hike treffen durfte waren allesamt echt klasse. Der Trail ist zwar wirklich von vielen deutschen bevölkert, doch ich habe Leute aus allen Teilen der Welt treffen dürfen. Selbst jemanden aus Israel der mit mir zusammen 2017 auf dem Pacific Crest Trail unterwegs war. Die Welt der Wanderer ist ein kleines Dorf. Die Erinnerungen die ich mit nach Hause nehmen darf sind wirklich wunderschön. Ich freue mich schon auf mein nächstes Wander Abenteuer.Bis dahin, happy Trail.

Was wurde aus meinen Füssen: Ich hatte tatsächlich eine schwere Sehnenentzündung in beiden Füssen. Die Heilung dauerte vier Wochen.