Kibbuz Dan - Safed

4.12.19

Eine Nacht in einem Hostel ist immer eine Überraschung. Auch das Hostel am Flughafen Berlin Tegel ist da keine Ausnahme. Unter mir, im Etagenbett, schläft einer mit seiner kleinen Handtaschenratte. Anreise ist hier bis Mitternacht und so kommt fast stündlich noch eine Schlafnase dazu. Also ist Etappen schlafen angesagt. Von Mitternacht bis etwa drei Uhr ist dann mal Ruhe. Naja, das was in einem sechser Schlafsaal halt Ruhe ist. Einer rollt sich ständig umher. Einer fängt an zu schnarchen. Auch Ohrstöpsel helfen da nur bedingt. Um etwa drei Uhr beginnt dann die Abreise Welle. Also wieder nur stundenweise Schlaf tanken. Ob das die Ersparnis zu einem Hotelzimmer wert ist, frag ich mich jedes Mal. Ich verlasse das Zimmer als vorletzter um sieben. Eigentlich viel zu früh. Hab aber keine Lust mehr wach rumzuliegen und mache mich auf zum Flughafen. Berlin Tegel ist der klassische Platten Bau Flughafen. Um mit easy jet international zu fliegen heißt, Gepäckaufgabe in Terminal C, dann zurück zum Terminal B und durch die Passkontrolle in den Flieger. Immerhin, keine Fragen der Zollbeamten. Einfache Ausreise. Nach vier Stunden lande ich am Nachmittag in Israel. Boa, was freue ich mich auf warme Temperaturen. Kaum steige ich aus dem Flieger, bläst mir der leichte Wind angenehme 22 grad um die Ohren. Volltreffer. Vom Flughafen Ben Gurion gehts ganz einfach nach Tel Aviv. Völlig unkompliziert. So hab ich es gerne. Vom Bahnhof laufe ich durch Tel Aviv während es dunkel wird. Eins ist klar: mögen tue ich auch diese Stadt schonmal nicht. Viel Verkehr, viele Menschen und irre laut. Das Abraham Hostel ist schnell gefunden und es überrascht mich sofort. Es ist richtig cool. Netter Empfang, tolle Zimmer und super sauber. Inklusive Frühstück echt ein Schnäppchen für ca 23€ die Nacht. Zum Abendessen such ich mir nen kleinen lokalen Burgerladen. Bin da ja nicht so kulinarisch veranlagt. Allerdings ist mein Magen nach der Anreise noch nicht so auf essen. Entsprechend wird mir nach der Hälfte schlecht.
Auch diese Nacht ist der in Berlin ziemlich ähnlich. Außer das eine Asiatin von drei bis vier Uhr nachts ihren kompletten Koffer umpackt… grrr. Dafür unterhalte ich mich am frühen Abend noch mit einem Argentinier, der hier auf einer Wasser Konferenz war. Ziemlich spannend.

5.12.19
Gerädert wache ich auf und genieße das Frühstück dafür um so mehr. Da ich mich mittags mit einer anderen Reisenden, die ich über Facebook kennengelernt hab, treffen möchte beeile ich mich meine pre-Trail Besorgungen zu machen. Will ja auch schließlich noch heute in den Norden zum Trail aufbrechen. Denn freitags und samstags fährt hier nicht ein Zug. Und drei Tage Tel Aviv brauch ich grad nicht.
Ne Sim Karte bekomme ich direkt im Hostel und auch ein kleiner Supermarkt ist direkt um die Ecke. Die Preise erschlagen mich allerdings etwas. Um an mein Camping Gas zu kommen hab ich mir im Vorfeld ein paar Möglichkeiten im Web rausgesucht. Die erste Anlaufstelle liegt im Bus Bahnhof. Dort ist auch ein großes verdammt schäbiges Einkaufszentrum. Das Ding ist so unübersichtlich das ich selbst mit fragen nicht fündig werde, denn auch die Leute hier drinnen kennen sich nicht aus.
Also ab zur zweiten Anlaufstelle. Ein Outdoor Laden. Doch auch hier Enttäuschung. Alles ausverkauft, Probleme mit dem Nachschub. Letzte Hoffnung ist Decathlon… doch auch hier gibt es nix.
Verzweifelt treffe ich erstmal meine Bekanntschaft auf einen Tee auf der Dachterasse vom Hostel. Bei schöner Sonne erzählt sie mir von ihrem Gasladen. Nach dem netten Plausch muss ich eh auschecken und laufe wieder durch die Straßen von Tel Aviv und suche diesen kleinen Laden. Und tatsächlich in dem kleinen Laden der eher wie ne Garage aussieht gibt es mein Gas. Ich bin so überglücklich und gleich etwas weniger gestresst. Von da aus gehts direkt zum Zug der mich in den Norden bringt. Am Eingang, erstmal Sicherheitskontrolle und Gepäck Röntgen. Eins muss man Israel lassen: die Züge sind mega pünktlich. Auch das Militär Personal fährt Zug. Und so sehe ich viel Uniform und, für uns deutsche ja etwas fremd, jede Menge Maschinengewehre.
Je weiter es nach Norden geht, desto grauer wird der Himmel. Regen fängt an auf die Scheiben zu prasseln und verdirbt mir etwas die Vorfreude. Der Wetterbericht hatte das zwar angekündigt hatte trotzdem gehofft davon verschont zu bleiben. Will ja auch dem schlechten Wetter Deutschlands unbedingt entkommen. Die Klimaanlage ist für mein Empfinden echt kalt eingestellt. Hätte eher damit gerechnet das hier drin geheizt wird damit sich alle wohler fühlen. Dieser Wunsch bleibt mir leider verwehrt. Bei Haifa erhasche ich einen schönen Blick aufs schäumende Mittelmeer. Hach reisen kann doch so schön sein.
Mit dem Bus geht es dann weiter Richtung Norden. Auch der fährt nicht durch. Ich muss umsteigen. Obwohl der Busfahrer kaum englisch kann kümmert er sich darum mich an die richtige Stelle zu leiten von wo der nächste Bus fährt. Find ich echt klasse auch wenn alles ziemlich gut ausgeschildert ist, ein sehr beruhigendes Gefühl.
Unterwegs hat es immer wieder geregnet und es ist um 17 Uhr Stock dunkel. Wird ne neue Erfahrung mit so kurzen Tagen unterwegs zu sein.
Nach etwa sechs Stunden Fahrtzeit von Tel Aviv ab, komme ich kurz vor sieben in Dan an. Der Zeltplatz liegt direkt hinter dem Museum. Der Boden ist leider durch den Regen etwas matschig. Egal. Ich schlage mein Zelt auf und mache Abendessen.
Die erste Nacht im Zelt ist wie immer unruhig aber schön. Auch wenn es regnet und die Luftfeuchtigkeit für ordentlich Konsens sorgt.

6.12.19 Nikolaus.

Noch vor Sonnenaufgang werd ich wach. Kuschel mich aber noch lange ein bis die Sonne da ist. Nachts wird es hier recht kühl. Nach einem kurzen Blick in den lokalen Supermarkt starte ich meine Wanderung.
Der Trail führt über Schotterstraßen und Geröll. Da wo mal normaler Boden ist, bleibt der Lehm wie Klebmasse unter den Schuhen hängen und im nu bin ich mehrere Zentimeter größer.
Schon nach kurzem komme ich am ersten McDonald vorbei. Der Trail bleibt zuerst mal recht zivilisationsnah.
Meinen ersten Wasser Nachschub will ich mir an einem kleinen Friedhof holen, doch das Wasser schmeckt furchtbar. Also gehe ich in das kleine anliegende Dorf und finde ein kleines Café in dem ich mir Wasser zapfen darf. Danach steigt der Trail schnell an und es geht in die Berge. In meinem Kopf ist immer noch die Hölle los. Ich mache mir Sorgen über den Wasser Nachschub, ob ich genügend essen dabei habe. Es ist grausam. Zum Abend hin falle ich fast in Panik weil es nirgends Wasser gibt. Zwar ist die Aussicht von hier oben über die kleine Stadt dort unten sehr schön nur ich brauche noch Wasser für die Nacht. Also spute ich mich es noch vor Sonnenuntergang bis ins nächste Dorf zu schaffen, doch der Weg wird mir durch einen Zaun versperrt. Da entdecke ich in einer kleinen Felsspalte eine Hand tiefe Pfütze. Besser als nix denk ich mir und fange an zu filtern.
Nach der abendlichen Rennerei bin ich echt geschafft. Für den ersten Tag wie immer zu viel. Als gerade der letzte Sonnenstrahl verschwindet, schlage ich den letzten Hering in den Boden.

7.12.19

Ich hatte viel Hunger in der Nacht. Zwei Snickers und um vier Uhr hab ich mir Nudeln gekocht. Mir ist schlecht von der Nacht und hab irgendwie keine Lust. Packe aber schließlich zusammen und laufe los. Das Wasser von gestern schmeckt nicht wirklich, erfüllt aber seinen Zweck. Der Trail verläuft durch einen Canyon der wohl auch mal Wasser führt. Eine enorme Kletterei, die viel Kraft kostet aber auch Spaß macht. Aber Wasser finde ich wieder nicht.
Im nächsten Dorf frage ich einen Einheimischen der im Garten sitzt ob ich etwas Wasser bekommen kann. Die Leute sind super nett und so stapfe ich mit drei Litern davon. Das Wetter ist der Oberhammer. Tagsüber angenehm warm mit einem leichten Wind. Daher wird es mit dem vielen Wasser jetzt auch recht schweiß treibend. Nicht das ich ohne hin schon ganz schön rieche. Der Trail führt weiter am Berghang entlang und führt schließlich durch einen weiteren, dafür besser begehbaren, Canyon. Mein heutiges Tageszeit ist das kleine Dorf Dishon. Dort möchte ich neue Vorräte kaufen und vielleicht eine Dusche finden. Da hier am Samstag alles zu hat und ich keine Unterkunft finde schlage ich am frühen Nachmittag mein Zelt am Dorfrand auf und hoffe das mich keiner verscheucht. Hier kann ich endlich mal in Ruhe meinen reise Bericht schreiben.

8.12.19

Auch die Leute in Israel haben Hunde. Und zwar eine Menge. Und die kläffen die ganze Nacht. Außerdem lief ein Großer Hund frei herum der alle paar Stunden neben mein Zelt kam und mich zehn Minuten ankläffte. Um vier fing es dann an zu regnen… wirklich Schlaf bekomm ich hier auf dem Trail bisher nicht. Entsprechend ist meine Laune. Müdigkeit ist echt schlimm für die Stimmung. Aufgeheitert werde ich von einem Mann auf nem Trecker. Er liefert Stroh zum Nachbar Grundstück. Er bringt mir einen mit viel zu viel Milch und Zucker gemixten Kaffee, den ich unglaublich genieße. Dazu gibt es noch Kekse. Super nett. Da es erst acht Uhr ist und ich nicht genau weiß wann der Supermarkt öffnet, bleibe ich noch im Zelt. So kann es etwas abtrocknen.
Der Supermarkt ist entsprechend dem Ort sehr klein und recht zerrupft. Die schönsten Sachen sind zwar ausverkauft, doch ein guter resupply ist absolut möglich. Meine Trail Laune steigt merklich an. So langsam finde ich meinen Rhythmus hier. Ich laufe los und nach kurzer Zeit öffnet der Himmel wieder seine Pforten. Der Regen macht meiner steigenden Laune nichts aus. Der Trail führt durch eine tiefe Schlucht und ich bekomme ehrlich was zu sehen. Durch mit moosbedeckte
Wälder geht es auf ruhigen Pfaden entlang. Balsam für die Seele.
Schon um 15 Uhr erreiche ich mein Tageszeit. Weiterlaufen macht bei nur noch zwei Stunden Tageslicht und einem Berg voraus keinen Sinn. Also baue ich mein Zelt auf. Es ist ein Parkplatz mit Campingplatz und Trinkwasser. Eine Ruine ziert den Platz. Ich überlege kurz mein Zelt darin aufzuschlagen weil es überdacht ist, entscheide mich wegen des Schildes, campen verboten, dagegen.
18 Uhr. Es ist dunkel und ich habe das Gefühl von drei Wildschweinen umringt zu sein. Die sind hier riesig. Da beginnt es wie aus kübeln zu regnet. Es prasselt so laut aufs Zelt, das es sich wie Presslufthämmer anhört. Nach 30 Minuten wird mir das zu riskant. In Windeseile packe ich alles zusammen und bringe mich unter der Ruine ins Trockene. Camp komplett zusammen packen und in strömendem Regen umziehen und wieder aufbauen in knapp 25 min… hab ich auch noch nie gemacht. Die Ruine ist meine Rettung. Hier finde ich zum ersten mal richtig Ruhe. Keine Wildschweine oder Regen.

9.12.19
Richtig erfrischt komme ich um halb sechs auf die Beine und packe zusammen. Heute erreiche ich Safed. Da hab ich mir schonmal ein Zimmer reserviert. Ich muss dringend Wäsche waschen und duschen. Hab bisher nix zum waschen gefunden.
Es beginnt mit dem Aufstieg auf Mt. Meron. Leider ohne Aussicht. Die Wolken hängen noch tief, es ist feucht und nichts zusehen außer der näheren Umgebung. Macht trotzdem Lust und Laune. Auch vom Gipfel sehe ich so gut wie nix und da alles vom Regen schön nass ist, rutsche ich den Berg eher runter. Mir fällt wieder auf wie extrem vermüllt hier alles ist. Die Leute scheinen hier echt alles einfach hinzuschmeißen. Verdirbt nur häufig die schönsten Flecken. Daher kreiere ich ein neues Hobby: Müllhalden Fotografie. Erwartet meine Bilderserie.
Der Trail geht immer tiefer in eine Schlucht. Hier fließt dann auch mal Wasser und erschafft eine wunderschöne grüne Dschungel Landschaft. Hier durch zu laufen ist phantastisch. Ich treffe einen Ranger der mich über eine Sperrung wegen des Regens informiert und mir direkt anbietet mich drum herum zu fahren. Da ich aber ja erstmal in der Stadt bleibe tauschen wir Telefon Nummern damit ich ihm schreiben kann wenn ich weiter will. Er fährt mich dann aus der Stadt. Die Leute hier sind echt super.
Safed ist erst auf den zweiten Blick charmant. Auch hier sehr viel Müll. Die Innenstadt ist dafür so wie man sich das vorstellt. Viele kleine Läden dicht an dicht. Wieder wird mir bewusst wie teuer Israel ist. Für eine Pizza zahle ich 55 Schekel (ca. 12 Euro). Naja man gönnt sich ja sonst nix. Kaum auf dem Zimmer beginnt es wieder heftig zu regnen. Ein Glück bin ich im trocknen.
Als ich abends nochmal ne Runde durch die Stadt drehen will, geht der Regen schon wieder los. Diesmal allerdings so stark das sich jede Treppe in einen Wasserfall und jede Straße in einen Fluss verwandelt. Erschreckend und eindrucksvoll zugleich.