Meile 567 bis 700 Kennedy Meadows

Ca. vom 9. bis 25. Juni 2017

Als ich mein bequemes Hotelzimmer zum letzten Mal verlasse und meinen vollgepackten Rucksack schultere, sind meine Knie noch ganz schön wackelig. Ein Bus bringt mich zum Trailhead. Dort angekommen muss ich ganz schön die Zähne zusammen beißen um nicht gleich wieder zurück zu fahren. Dieser Virus hat mir ganz schön zugesetzt. Es ist wie immer ziemlich heiss was die Sache nicht gerade besser macht und ich schlendere den staubigen Trail entlang. Zum Glück ist dieser für ein paar Meilen erstmal recht gerade. Nach einer Stunde hat sich mein Körper wieder etwas an die Belastung gewöhnt und ich komme besser voran. Ist auch gut so denn es wird wieder bergiger. Die erste Etappe ist direkt 20 Meilen lang. Und die müssen gelaufen werden. Denn erst da gibt es wieder Wasser.

Ich komme ziemlich kaputt an der Wasserquelle an. Die Zeltplätze drumherum sind schon ziemlich voll und ich habe keine Lust auf Gesellschaft. Deshalb beschließe ich noch etwas weiter zu laufen. Leider fällt damit die Zeltplatzwahl direkt neben einem Windrad. Das ist ziemlich laut. Naja denk ich mir stecke mir ein paar Oropax in die Ohren und versuche zu schlafen. Es wird eine absolute Höllen Nacht. Es geht mir richtig mies. Mir ist fast die gesamte Nacht tierisch schlecht. Ich kann kaum eine Stunde am Stück schlafen und das Windrad ist echt laut. Als ich mich um fünf Uhr entschließe aufzustehen ist meine Entscheidung gefallen. Ich werde die 20 Meilen zurück laufen und dann den Trail abbrechen. Ich fühle mich wie vom Panzer überrollt. Ich baue mein Camp ab und setzte den Rucksack auf. Als ich nach links gehen möchte um zurück zu laufen sträuben sich meine Füße und drehen mich wie von selbst nach rechts und laufen weiter Richtung Kanada.

Ich versteh das nicht. In meinem Kopf fängt eine riesige Diskussion an. Mein Kopf fragt, was das soll und meine Füße laufen voller trotz einfach weiter. 4 Stunden geht das in meinem Kopf unglaublich laut zu. Ein innerer Monolog der meine Füße davon überzeugen will nach Hause zu gehen. Doch die sagen einfach: „Nö!“ und laufen weiter. Endlich fügt sich mein Kopf und es wird ruhiger. Meinem Bauch geht es auf einmal auch besser. Und dann spüre ich wahnsinnigen Hunger. Ich pausiere und fresse ganz schön was in mich rein. Als ich aufgegessen habe fühl ich mich spontan wie neu geboren. Als ich weiterlaufe ist der ganze Spuk vorbei. Ich fühle mich großartig.

Die Wüste ist wahnsinnig geworden und hat Temperaturen von 42 Grad erreicht. Die Abstände zwischen den Wasserquellen sind lang und so ist es sehr erfreulich das die Water Cache´s, die von Trail Angeln gepflegt werden tatsächlich alle Wasser haben . Als ich Abends einen dieser Water Cache´s erreiche bin ich echt platt und hab so gar keine Lust auf mein übliches Hiker Mal. Da sehe ich Scheinwerfer die Dirt Road hoch kommen. Hinterm Steuer sitzt BrewHiker. Ebenfalls PCT Hiker und jetzt gerade als Trail Angel unterwegs. Mit offenem Mund guck ich Ihn an als er mich fragt ob ich Lust auf Hot Dogs habe. Da macht er auch schon den Kofferraum auf und fängt an zu bruzzeln. Noch ein paar mehr Hiker kommen an und so sind wir eine nette Runde die bei Hot Dogs und Bier Trail Geschichten austauscht und den Abend sehr entspannt ausklingen lassen. Am nächsten Morgen bekommen wir alle von BrewHiker noch Frühstücksborritos gemacht. Was ein Start in den Tag.

Mein nächste Stop ist Lake Isabella. Der Ort ist satte 20 Meilen vom Pass den ich kreuze entfernt. Also ein ziemlich langes Stück das ich per Anhalter überwinden muss. Ich stehe mit einem anderen Deutschen und einem Amerikaner an der Straße und halte den Daumen raus. Nach einer halben Stunde hält endlich das erste Auto. Und was soll ich sagen, die Welt ist ein Dorf. Hinterm Steuer sitzt ein Pärchen aus Stuttgart auf Ihrer drei wöchigen Tour durch Kalifornien. Der Amerikaner fühlt sich sichtlich überfordert als im Auto auf einmal nur noch Deutsch gesprochen wird.

In Lake Isabella übernachte ich auf einem RV-Park und treffe viele andere Hiker die hier auch Ihren letzten Stop vor Kennedy Meadows machen. Dem Tor in die High Sierra.

Also geht´s mit dem Bus wieder zurück auf den Trail und nochmal ein paar Tage durch die heisse Wüste. Doch diesmal freue ich mich darüber, denn jedes Grad sorgt dafür das in den Bergen der High Sierra mehr Schnee schmilzt und den Trail dadurch erleichtert.

Auf dem Weg nach Kennedy Meadows gibt es eine willkommene Erfrischung. Im Fluss lässt sich der heisse Tag schnell vergessen. Das tut der Moral unglaublich gut. Und dann erreiche ich den wohl bekanntesten Ort des PCT: Kennedy Meadows. Von hier aus geht es in die hohen Berge und den damit anspruchsvollsten Teil des Trails. Das Jahr 2017 ist ein High Level Snow Year. Soll heißen in den Wintermonaten ist überdurchschnittlich viel Schnee gefallen. Freut euch auf tolle Eindrücke.

Weiter mit Meile 701 bis 1370