Meile 2145 bis 2650 Canada

Ca. 5. bis 17. September 2017

Auf der anderen Seite des Flußes liegt die Stadt Stevenson. Dort wurde vom Roten Kreuz ein Flüchtlings Camp errichtet. Auch wir finden uns dort ein und schlagen unsere Zelte auf. Es sind schon einige PCT Hiker hier darunter viele bekannte Gesichter. So weit auf dem Trail kommen nicht viele und somit kennt man sich. Hier läuft für mich erstmal der normale Hiker Alltag in einer Stadt. Essen gehen, Duschen, essen gehen, Sachen waschen, essen gehen, für die nächste Etappe einkaufen, essen gehen und dann vorm Zelt sitzen und Bier trinken….Diesmal ist die Aussicht sehr spektakulär. Wir blicken direkt auf die andere Seite des Flusses und sehen das Feuer sich immer weiter ausbreiten.

Am nächsten Tag bricht Lighthouse schon früh auf. Ich habe beschlossen noch einen Tag zu warten in der Hoffnung, dass das Post Office wieder geöffnet wird. Somit trennen sich unsere Wege. Leider wird mein Wusch nicht erfüllt und ich muss mit kaputtem Rucksack und Schuhen weiterlaufen. Doch aufbrechen muss ich, denn nur ca. 30 Meilen weiter auf dem Trail breitet sich ein weiteres Feuer aus. Ich möchte versuchen daran vorbei zu kommen bevor alle Umgehungen geschlossen werden. Doch diesmal hab ich kein Glück. Nur einen Tagesmarsch entfernt lese ich auf einer Notiz an der Strasse das empfohlen wird nicht weiter zu laufen. Diese vielen Ausweichrouten zehren ganz schön an den Kräften. Ich bin echt enttäuscht und setzte mich an die Strasse… Hier treffe ich den Entschluss nur noch ein letztes Mal den Feuern auszuweichen. Also wird das ein langer Hitch werden. Ich möchte bis nach Snoqualmie. Damit weiche ich dann direkt noch zwei weiteren Feuern aus und habe dann hoffentlich bis zur Kanadischen Grenze den Weg frei. Doch dieser Plan ist nicht einfach. Von dieser total unbefahrenen Straße muss ich bis nach Portland von da aus mit dem Bus nach Seattle und von da nach Snoqualmie. Das erscheint mir unmöglich. Trotzdem halte ich wacker den Daumen raus. Es kommt nur alle 30 Minuten etwa ein Auto…The Trail provides… (Der Trial kümmert sich um dich) dieses Hiker Mantra entfalten gerade seine Wirkung als ich den Weg zu Fuß angehen will. Ein Pick up mit Wohnmobilanhänger nähert sich. Noch einmal setzte ich mein strahlendes Lächeln auf und….sie halten an. Ich mache einen Luftsprung vor Glück. Im Truck sitzt ein Ehepaar mittleren Alters. Trail Angel. Die ein paar Meilen weiter am See gecampt haben und jetzt wegen des Feuers evakuiert wurden. Sie sind auf dem Weg… und jetzt kommt es.. nach Portland um von dort aus an die Küste zu fahren. Ich bekomme leicht feuchte Augen als die beiden mich den ganzen Weg bis nach Portland mitnehmen. Ich weiß bis heute nicht wie ich den beiden jemals danken könnte.

In Portland angekommen habe ich endlich mal wieder Handy Empfang und lese in der Gruppe von unserer Sierra Truppe, das einer auch gerade noch in Portland ist. Schnell telefonieren wir uns zusammen und fahren gemeinsam mit dem Bus nach Seattle. Es gibt viel zu erzählen. Die ganze Gruppe trifft sich in Seattle. Sie mussten viel früher den ganzen Bränden ausweichen als ich und fahren direkt von Bend aus nach Seattle. Dort quartieren wir uns alle in einem Hostel ein und gehen Abends zusammen Sushi essen. Die Bande bleibt noch einen Tag in Seattle, doch ich möchte so schnell wie möglich wieder auf den Trail und Kanada entgegen laufen. Da ich keinen Trail Angel finden kann nehme ich einen Uber (privates Taxi) nach Snoqualmie…kostet ja nur 80$…doch das ist es mir wert um schnell wieder zum Trail zu kommen.

Am Snoqualmie Pass angekommen erwartet mich mein Resupply Paket. Die nette Frau hintrem Thesen des Hotels kommt sogar auch aus Deutschland und so erlaubt sie mir im Foyer des Hotels schnell meinen Rucksack neu zu packen. Und wärend ich dort so auf dem Boden mein Essen sortiere kommen Flames und Waves zur Tür rein. Die beiden habe ich in Kennedy Meadows North hinter der Sierra kennengelernt. Flames musste dort fast zwei Wochen aussetzen, weil sich Ihr großer Zeh so schlimm entzündet hat das sie nicht mehr laufen konnte und viel Antibiotika brauchte. Der Trail ist echt ein Dorf. Im angrenzenden Restaurant feiern wir unser wiedersehen mit einer großen Portion Pan Cakes. Danach mache ich mich auf den Weg Richtung Ziellinie.

Nur noch ein Zwischenstopp trennt mich vom Ziel. Da laufe ich an diesen Ästen vorbei: T-100. Von hier aus wird der Trail nur noch 100 Meilen gehen. Ich werde Augenblicklich langsamer. Ich kann es nicht fassen, das in wenigen Tagen alles vorbei sein soll. Völlig leer im Kopf laufe ich weiter. Es trifft mich wirklich hart, obwohl ich mir unendlich wünsche anzukommen und das Ziel zu erreichen, so möchte ich doch nicht das der Trail aufhört. Sehr in mich gekehrt erreiche ich die Dirt Road von der mich der Bus nach Stehekin bringt. Auch die anderen Hiker wirken zwar erleichtert das es jetzt auf die letzte Etappe geht, doch das Lachen klingt nicht so erleichtert wie es vielleicht sein sollte. Ein letztes mal nehme ich im Post Office mein Resupply Paket entgegen und sortiere mein Essen für die letzten Tage auf dem Pacific Crest Trail.

Kurz vor Kanada dann nochmal ein schreckens Moment. Ein weiterer Waldbrand. Doch Glücklicherweise bleibt der PCT geöffnet. Somit steht dem Zieleinlauf jetzt nichts mehr im Wege. Meine Füße fliegen nur noch so über den Trail und dann passiert es. Ich bin etwas zu schnell bergab unterwegs und lege mich voll auf die Schnauze. Und während ich mich schmerzverzerrt wieder aufrapple und meine Ausrüstung und mich auf Schäden untersuche muss ich auf einmal herrlich anfangen zu lachen. Da laufe ich den ganzen PCT und falle nicht einmal hin und dann kurz vor Schluss haut es mich doch einmal aus den Latschen. Leicht humpelt mache ich mich auf die letzten Meilen. Das lachen tut unglaublich gut.

Nach vier ein halb Monaten auf Wanderschaft komme ich am Northern Terminus des Pacific Crest Trails an. Als wenn auch der Himmel traurig ist das meine Reise jetzt ein Ende hat, fängt es nur zwei Meilen vorher an zu Regnen. Am Terminus sitzt auch schon das Empfangskomitee aus anderen Hikern und spendet Applaus. Alle Augen sind leicht feucht. Und dann macht einer der Hiker seiner Freundin auch noch einen Heiratsantrag. Da bleibt kein Auge mehr trocken und die Emotionen sprudeln aus allen heraus.

Noch sind ein paar Meilen bis zum Manning Park zu gehen. Richtig fassen kann ich es nicht. Ich habe es tatsächlich geschafft. Erst jetzt fast ein Jahr nachdem ich wieder in Deutschland bin begreife ich wirklich was ich da geschafft habe. Und während ich diese Worte tippe werden meine Augen schon wieder feucht. Was mir der Trail alles bedeutet, kann ich gar nicht nieder schreiben. Dir, lieben Leser, wünsche ich von ganzem Herzen das du deine Träume auch leben wirst und vielleicht begeben wir uns ja mal dort draußen auf einem schönen Weg und grüßen uns:    Happy Trail!